ps1ttacus blog

Die Droge Smartphone

Ich erinner mich noch wie oft meine Eltern zu mir gesagt haben, wie verrückt es ist, wie exzessiv “die Jugend” ™ Smartphones nutzt.
Eigentlich dachte ich immer, dass das doch irgendwie Unsinn ist. Also ist doch normal, jeder benutzt doch Smartphones und jeder benutzt die doch häufig, oder? In den letzten Wochen habe ich das mal ein bisschen reflektiert. Ich will nicht in so eine Eso-Schiene abdriften von wegen “Ahhhh die Strahlung!!1!”, das ist absolut nicht mein Ziel. Und auch eine letzte WhatsApp Nachricht an alle meine Kontakte a la “Wer mich erreichen will, nur noch per verschlüsselter Brieftaube” ist nicht mein Ziel. Ich bin ein Nerd und ich liebe Technik. Aber zu viel ist zu viel und das habe ich in den letzten Wochen für mich erkannt.
Ich möchte hierbei kurz meine letzten Bildschirmzeiten veröffentlichen. Durchschnittlich habe ich am Tag eine Nutzung von rund 6 Stunden gehabt. Es gab auch noch stärkere Extreme bis hin zu 10 Stunden. Ich habe mich dabei erwischt, wie ich mich direkt rausgeredet habe. “Ja aber das war YouTube zum Musik hören neben der Arbeit. Das war weil ich eine langweilige Besprechung für die Uni hatte, da hab ich nebenbei was auf Reddit geschaut.” Und und und. Ist das dumm. Ich habe mich bei dem Klischee Satz erwischt: Ja aber ich kann auch einfach auf mein Smartphone verzichten, ich brauch das doch nicht.
Oh wie falsch das doch ist. Ich habe in den letzten Tagen und Wochen viel über Drogenabhängigkeit gelesen. Ich will das jetzt hier nicht überdramatisieren und mich auf keinen Fall mit solchen Schicksalen vergleichen, aber für mein Verständnis gibt es Parallelen. Im verlinkten Artikel von Severin Tatarczyk schreibt er Beispielsweise davon, dass er zwischendurch auf die Droge Alkohol verzichten konnte. Auch das fällt mir mit Smartphones auf.
Ich glaube ich hätte keine Angst davor gehabt mein Smartphone mal für ein paar Tage wegzulegen. Zu diesem Thema gibt es natürlich etliche YouTube Videos von denen ich persönlich die meisten leider nicht so toll finde. Trotzdem beschreibt das verlinkte den Effekt ganz gut, den ich auch bei mir beobachtet habe. Das Smartphone ist mal weg, man verzichtet mal länger drauf und man fühlt sich schon einfach anders. Das ist auch ein gutes Gefühl. Und dann hat man wieder den Zugang zum Handy, oder man benutzt es einfach mal wieder und Zack, man ist zurück im Tunnel und scrollt endlos auf Twitter, Reddit der andere vielleicht TikTok.

Konsequenzen kommt von konsequent sein

Ich hab darauf keinen Bock mehr. Ich will nicht mehr die ganze Zeit auf Instagram hängen, wenn ich mich grade nicht konzentrieren kann. Bin ich gerade auf der Kippe der Konzentration und überlege innerlich, ob ich der Vorlesung noch zuhören möchte oder nicht, dann kommt der Griff zum Smartphone. Das fühlt sich nicht mehr richtig an. Ich habe mir Gedanken darüber gemacht, warum ich noch Soziale Netzwerke nutze. Diese sind die Hauptquelle meiner Bildschirmzeit. Im Folgenden eine Liste von Gründen warum ich das Netzwerk XYZ nutze.

Twitter

Auf Twitter bin ich täglich mehrmals. Manchmal fällt mir was (für mich) lustiges ein und dann Twitter ich es. Oder ich will mal sehen, was Bekannte und Freunde so erlebt haben. Das steht meistens auf Twitter. Retrospektive: Das macht ungefähr 1% für mich von Twitter aus. 99% sind: Wir regen uns kollektiv über die kleinsten Dinge in der Welt auf und bauschen Erlebnisse so drastisch auf, damit möglichst viel Hate in egal welche Richtung fließt. Um diesen Content zu verhindern müsste ich eigentlich 70% der User entfolgen um meine Timeline komplett leer von solchem Bullshit zu halten.

Reddit

Reddit ist toll. Ich habe dort schon oft gelesen: Schaut mal ich habe alle Sozialen Netzwerke gelöscht, ich bin nur noch auf Reddit. Was witzig ist, denn ich sehe Reddit auch einfach nicht so als Soziales Netzwerk. Trotzdem bin ich oft auf Reddit zugegen. Ich habe Subreddits, auf denen bin ich mehrmals am Tag und manchmal kommentiere ich auch fleißig, wenn sich jemand im Ach Linux Subreddit darüber aufregt, dass es keinen Installer gibt. Das muss ich im Auge behalten, aktuell sehe ich aber Reddit nicht als Problempunkt.

Instagram

Tja, Instagram. Davon will ich weg, seit ichs hab. Instagram ist die Nikotinabhängigkeit der Sozialen Netzwerke für mich. Das Nutze ich und rege mich eigentlich nur auf sobald ich es öffne. Ich mag den Humor nicht mehr, lauter Keyboard Warrior um mich herum, jeder posted was in der Story, wenns mal wieder auf ne Demo gegangen ist und am nächsten Tag geht man aber zu Primark einkaufen, weils da aber auch einfach so billig ist!!1! Auf Instagram fühl ich mich wie ein grummeliger alter Mann der die Jugend nicht versteht, obwohl ich ein Teil dieser Jugend bin. Die Memes dort waren 2 Wochen vorher auf Reddit, ich hab bei 99% der Menschen denen ich folge überhaupt kein Interesse daran zu wissen, dass sie gerade auf Malle sind oder wie das Frühstück aussah. Es juckt mich einfach nicht. Ich hoffe ich komme bald dazu meinen Account zu deaktivieren, ich hab einfach keine Lust mehr. Die Benachrichtigungen sind schon deaktiviert, ich schau da vielleicht zweimal am Tag rein, ärgere mich und schließ es wieder.

TikTok

Ja, da hab ich einen Account. Primär, damit meine Freundin mir dort Sachen schicken kann. Aber TikTok ist ein eigenes Brot. Ich hab über TikTok eine so schlechte Meinung, dass ich sie hier gar nicht ausformulieren möchte. Zusammengefasst: Ich schwanke zwischen “das ist kollektive Verdummung” und “das grenzt daran gefährlich zu sein”.

Also, was tun?

Ich habe mich entschieden mein Handy nach dem Aufstehen nicht in die Hand zu nehmen. Ich mach meinen Wecker aus und steht auf. Was sehr ungewohnt war: Ohne Podcast zu duschen und sich fertig zu machen. Auch beim Frühstück nicht im Hintergrund “The Big Bang Theory” zu hören hat mich verunsichert und verunsichert mich immer noch. Manchmal schaue ich in meiner Pause doch noch eine Folge Notruf Hafenkante oder eine Folge einer Serie, allerdings will ich das auch runterfahren. Die Welt steht mir offen und ich hau mich in der Pause vor sowas. Wie dumm kann man sein? Meine Bildschirmzeit liegt aktuell bei rund 3 Stunden am Tag. Deutlich weniger, aber immernoch super viel. Es ist so schwer sich von diesem Medium zu trennen, wenn es ständig vor einem liegt und man keine negativen Effekte bei der Nutzung spürt außer “Ach du scheiße ist viel Zeit vergangen!”.